Ein Selektionsverfahren?

Es gibt ja manchmal, in diversen Science Fiction Filmen, solche Menschen oder Roboter, die eine Art Monokel oder gleich eine Brille aufhaben, welche ihnen ihre Umwelt und Personen digital analysiert und wie auf einem Bildschirm vor Augen führt. Sie sehen dann ihr Zielobjekt und dessen Benennung oder eine Einkategorisierung in Bezug auf Gefährlichkeit, Alter, Status oder sonst etwas.
Habe ich einen Spleen, der mir solch eine Tätigkeit auf zwingt?
Will mein Gehirn (Erfahrungsbedingt und aufgrund meiner Traumata) sofort heraus selektieren, wer mir schaden könnte, mich verletzten könnte oder wer mir in sonst einer Form nicht gut tun könnte?
Ich habe das zwar jetzt sehr dramatisch beschrieben, aber heute kam mir genau dieses Bild vor Augen, als ich merkte, dass ich bei meinem ersten Schnupperdienst in der Arbeitswerkstätte (diesmal Küche für 3 Tage) schon wieder UNBEWUSST begann, fast maschinell heraus zu selektieren, wer eine rote (=gefährliche, kritische) Kennzeichnung und wer nur eine gelbe (vorerst wahrscheinlich ungefährlich, sympathisch) Kennzeichnung bekommt. Wie bei einem SIMS, bei dem der Stein anzeigt, in welcher Laune der Charakter gerade ist, so setze ich scheinbar farbige Steine/Markierungen auf fremde Menschen, um sie ein zu kategorisieren! An sich ja nichts Unmenschliches. Jeder Mensch versucht instinktiv Gefahren zu erkennen, vor allem früh zu erkennen, um ihnen aus dem Weg gehen zu können. Adrenalin, Mistrauen, Angst, Ekel,… all das schützt uns vor Dingen und Wesen, die uns gefährlich sein könnten.
Jedoch das Ausmaß sollte dabei nicht ins „krankhafte“ gehen.
Doch mein Maß ist wahrscheinlich schon über dem Durschnitt. Ich fokussiere mich extrem auf Menschen, die mir suspekt sind, um sie ja nicht aus den Augen zu verlieren. Ein Raubtier, das gerade in Kampfhaltung ist, dreht seinem Gegenüber niemals den Rücken zu.
Als Kind und leider teilweise auch noch heute, versuche ich mit solchen Menschen dann oft zu „sympathieren“, um mich lieber mit ihnen zu „verbünden“, als mit ihnen zu rivalisieren, da ich mir so schutzloser und vor allem machtloser vor komme. Die Kinder in der Klasse, die ich am meisten fürchtete und ablehnte, beobachtete ich am meisten und versuchte bei manchen auch, eine Freundschaft mit ihnen aufzubauen, um mir den Schauder vor ihnen zu nehmen und keine Zielscheibe mehr für sie zu sein, sondern auf ihrer Seite stehend als Zielscheibe unsichtbar für sie zu werden. Eine Zielscheibe sieht von der Seite aus betrachtet aus wie eine lange Gerade. Also eher wie ein Pfeil.
Mein erster Schnupperarbeitstag heute war sehr seltsam.
Von den Arbeiten war ich unterfordert, da die Leistungslatte dort  gering liegt.
Von den anderen Kollegen und den Autoritätspersonen war ich aber überfordert.
Schon seltsam. Für ein „Mittelding“ wie mich gibt es scheinbar keine Institution. Ich müsste mich in eine der beiden Richtungen rein quetschen und eben damit leben, dass ich Prioritäten und gegensätzlich dazu Opfer bringen muss.
In einem normalen Job, funktioniere ich arbeitstechnisch zu 100% und mehr. Ich bin verlässlich, pünktlich, flink, unkompliziert, lerne schnell, kombiniere geschickt, arbeite zügig, sauber und ordentlich, frage nach, bevor ich etwas falsch mache, bin absolut teamfähig, kommunikativ und ich arbeite effizient.
Jedoch der menschliche Kontakt macht mich völlig fertig.*
In der Küche heute, war ich der schnellste und der geschickteste von allen, obwohl die anderen alle samt schon viel länger mit dabei sind. Ich arbeitete Hand in Hand mit dem Teamchef, weil er schnell merkte, dass ich mit anpacke, rasch lerne und flink arbeitete. Ich denke eben immer mit bei allem was ich tue und denke oft für meine Kollegen mit und weiß, welchen Handgriff sie im nächsten Moment machen werden und was daraufhin mein vorhergehender Handgriff sein sollte.
Das lobte der Teamchef auch sehr heute. „Als könntest du Gedanken lesen. Super!!“ sagte er.
Bis auf 2 auserlesene (ausgeschlossen dem Teamchef, dem Chefkoch und der Teamchefin natürlich) sind dort alle ziemlich neben der Spur. Wahrscheinlich bekommen sie starke Medikamente, die einen langsamer agieren und reagieren lassen oder sind durch ihr Krankheitsbild so- ich weiß es nicht.
Kommunikativ ist da auch keiner.  Obwohl ich sagen muss, dass auch ein paar nette dabei waren, die mir hin und wieder erklärten, wo gewisse Sachen gelagert werden oder so. Ungut sind die Leute nicht!! In der Mittagspause aßen alle zusammen etwas. Ich nicht. Ich brachte nichts runter. Ich setzte mich mit einer Tasse Kaffee an einen Tisch und wartete, wo sich die anderen hin setzen würden. Die meisten verstreuten sich im ganzen Raum und es wurde kein Wort gesprochen.
Es war seltsam. Was ich aber als extrem erleichternd empfand, war, dass mich niemand zum dazusetzen oder kommunizieren drängte, in dem Sinne, dass ich mich ja wohlfühlen soll.
Sie ließen mich einfach in Ruhe da sitzen, Kaffee trinken und aus der Ferne alles beobachten.
Man nahm einfach hin, dass ich neu bin und lieber alleine sitzen möchte und zum eingewöhnen einfach noch Zeit brauche. Gut, ich gebe zu bei kommunikativen Menschen wäre dies wohl einfacher gewesen, jedoch wäre da mein Stresspegel wesentlich höher gewesen, als es so der Fall war.
Die Pausen, in denen nichts zu tun war und ich wie ein bekloppter mit all den anderen in der Küche stand, fühlten sich sehr seltsam an.
Den anderen machten solche unfreiwilligen Pausen (es gab da einfach gerade nichts zu tun für einzelne Personen) scheinbar nichts aus. Die eine wippte ein bisschen vor sich hin, andere starrten nur ins Leere oder blickten aus dem Fenster. Für mich war das stressiger, als das beschäftigt sein und das herum rennen, wenn es etwas zu tun gab. Ich suchte mir dann eben immer Arbeit bzw. fragte, ob ich jemandem aushelfen könne.
Auch geplante Pausen gab es mehr als an einem gewöhnlichen Arbeitsplatz.
Ich benötigte zwar nur einmal eine Pause für den Klogang, ansonsten hätte ich keine Pausen gebraucht, aber das Wissen, dass ich eigentlich jederzeit Pausen machen könnte, wenn ich eine benötigen würde und man mich nicht tadeln würde dafür, ist sehr befreiend.
Ich durfte einfach aufs Klo gehen, wenn ich musste. Ein völlig neues Erlebnis, nach all meinen Jobs, die ich schon hatte, bei denen ich es mir teilweise bis zu 4 Stunden und länger verkneifen musste und schlichtweg ein beinhartes Verbot bekam, aufs Klo zu gehen oder es in manchen Fällen einfach nicht machbar gewesen wäre, weil ich allein einen Laden schmiss und die Toilette im Keller war und das Geschäft also leer gestanden hätte, wenn ich mal eben auf die Toilette gegangen wäre- egal ob es 2 Minuten oder 20 Sekunden gedauert hätte, es war nicht daran zu denken.
Bei einer anderen Firma ging mich die Chefin beinhart suchen, nur weil ich kurz auf der Toilette war. Ich schwöre, ich fand sie nicht, um mich abzumelden (war ohnehin allein im Lager), ging zügig auf die Toilette und kaum war ich fertig und stand am Handwaschbecken, riss sie schon die Türe auf und rief kreischend meinen Namen und fragte, wo ich bitte sei.
Und bei meinem letzten Job gab es einfach keine Pausen. Da war es die Regel, dass man bis zu 11 Stunden am Stück ohne auch nur einer kleinen Verschnaufpause durch arbeitete.
Meist waren es kurze Dienste von ca. 3-6 Stunden, aber in denen nicht einmal kurz auf die Toilette gehen zu können, geschweige denn etwas zu essen, ist schon hart.
An einigen Tagen war es so, dass ich bereits zum vierten, fünften, sechsten Male rasch rasch all meine Arbeit erledigte und los sprinten wollte zu meiner Wasserflasche, um zu trinken und am Weg dorthin bis zu 2, 3 Kollegen mich abfangen wollten, um meine helfende Hand bei ihrer Arbeit einzuteilen. Das ist schon etwas anderes, als das heute.
Ich weiß gar nicht so recht damit umzugehen. Auch beim letzten Job meinte meine Freundin oft: „Dann MUSST du dir eben Verschnaufpausen schaffen. Da musst du knallhart sein. Nicht zur Wasserflasche joggen, sondern einfach sagen ‚Sendepause, ich muss was trinken gehen!‘ und dich von niemandem abhalten lassen. Andere machen das sicher auch, ohne dass du es halt merkst!“
Sie hat schon Recht. Andere gingen manchmal sogar- aber wirklich nur manchmal eine rauchen. Aber ich wagte es nicht, ohne dass ich rauchen würde, eine Pause zu verlangen. Denn trinken dauert wenige Momente, was hätte ich da ein Recht einfordern sollen für eine 5 Minuten Pause? Lächerlich!
Und doch braucht man Pause, einfach auch mal, um kurz ins Leere zu schauen, durch zu atmen, zu sich zu kommen und sich kurz zu strecken- vor allem bei körperlich anstrengenden Jobs.
Aber ich tu mir schwer, das ein zu fordern. Ich bin dann immer das wilde Arbeitstier, das die Arbeiten der, in die Pause gegangenen Raucher erledigt, währendem sie sich draußen nett unterhalten, einfach weil ich mich da nicht dazu stellen will. Und alleine sitzen und in die Luft schauen endete in dieser Branche zumindest IMMER mit einem Ruf: „Wenn dir gerade fad ist, kannst du mir ja helfen!“ Grins, grins, ha, ha! Naja und so kam es eben dazu, dass ich der Null-Pausen-Hackler wurde.

Zu der Küchenarbeit heute:
Alles in allem war es ok, aber wie es weiter gehen soll, weiß ich nicht.
Die nächsten zwei Tage bin ich dort auch noch eingeteilt und werde es mir ansehen. Dann habe ich ohnehin Bedenkzeit und kann in Ruhe entscheiden, was ich tun möchte.

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert