Davon Betroffene nehmen Sinnesreize viel eingehender wahr, verarbeiten diese tiefer und reagieren auch dementsprechend stärker darauf als der Bevölkerungsdurchschnitt. Die Vorstellung, es handele sich um eine „psychische Störung“ oder „Krankheit“, wird abgelehnt. Einem Erklärungsansatz zufolge stufe der Thalamus bei hochsensiblen Personen (HSP) mehr Reize als „wichtig“ ein, die dann das Bewusstsein erreichten.
Die Bandbreite möglicher Erscheinungsformen von Hochsensibilität wird als sehr groß dargestellt: Praktisch jeder Sinneseindruck könne stärker und damit detaillierter wahrgenommen werden; häufig wird auch von höherer Intensität des Empfindens von Stimmungen der Mitmenschen berichtet. Reize werden tiefer, intensiver und detaillierter wahrgenommen und gespeichert. Oft wird diese Eigenschaft mit bloßer Nervosität und Empfindlichkeit verwechselt, jedoch ist die Ähnlichkeit rein äußerlicher Natur.Mögliche Symptome/ Verhaltensweisen:
- ausgeprägte subtile Wahrnehmung (vielschichtige Fantasie und Gedankengänge)
- erhöhte Schmerzempfindlichkeit
- detailreiche Wahrnehmung
- hohe Begeisterungsfähigkeit, sehr vielseitige Interessen
- hohe Eigenverantwortung und Wunsch nach Unabhängigkeit
- sehr ausgeprägtes Langzeitgedächtnis
- psychosoziale Feinwahrnehmung (Befindlichkeiten, Stimmungen und Emotionen anderer Menschen werden leichter und detaillierter erkannt)
- stärker beeinflussbar durch Stimmungen anderer Menschen
- ausgeprägtes intuitives Denken, häufig verbunden mit der Fähigkeit zu lateralem und multiperspektivischem Denken
- gleichzeitige Wahrnehmung vieler Details einer Situation bei hoher Verarbeitungs- und Verknüpfungstiefe kann u. U. neue Wahrnehmungsbereiche und ungewöhnliche Zusammenhänge oder Sichtweisen erschließen
- langer emotionaler „Nachklang“ des Erlebten
- Denken in größeren Zusammenhängen
- ausgeprägter Altruismus, Gerechtigkeitssinn, starke Werteorientierung
- Harmoniebedürfnis, Gewissenhaftigkeit, Verantwortungsbewusstsein
- Intensives Erleben von Kunst und Musik
- Neigung zu Selbstkritik und Perfektionismus
- meist vielschichtige komplexe und instabile Persönlichkeit (Depressive Episoden, Stimmungsschwankungen,…)
Durch die verstärkte Reizaufnahme und ihre tiefere Verarbeitung tritt Hochsensibilität häufiger in Verbindung mit Charaktereigenschaften wie Introversion auf, oft in Verbindung mit Unsicherheiten hinsichtlich der eigenen Wahrnehmungen und Schlussfolgerungen in der Kommunikation mit anderen und intensivem Erleben zwischenmenschlicher Beziehungen. Hochsensibilität kann auch starke Reaktionen auf Medikamente, Alkohol und Koffein sowie Anfälligkeiten für Stress, Leistungsdruck und Zeitknappheit umfassen. Die Korrelation dieser Konzepte ist dahingehend zu deuten, dass die Hochsensibilität bei biografisch vorbelasteten Menschen (psychische Traumata, familiäre Konflikte, schwierige Sozialisation) die Entstehung von Gehemmtheit und negativer Emotionalität begünstigt.Emotional hochsensible Menschen reagieren besonders auf Feinheiten im zwischenmenschlichen Bereich und verfügen über große Empathie. Sie sind mitfühlend, hilfsbereit und oft besonders gute und genaue Zuhörer mit großer zwischenmenschlicher Intuition. Nachteile sind oft, dass sie leicht Stimmungen und Probleme ihrer Mitmenschen in sich aufnehmen und mitempfinden und von der Last ihrer Wahrnehmungen überfordert werden. Zuweilen reagieren sie in Gesprächen auf die Untertöne des Gesprächspartners (nonverbale Kommunikation) stärker als auf die ausgesprochene Botschaft.Kognitiv hochsensible Menschen besitzen ein starkes, intuitives ‚Gefühl‘ für Logik und für ‚Wahr oder Falsch‘. Sie denken häufig in sehr komplexen Zusammenhängen.Hochsensible Menschen messen oft selbst scheinbar unbedeutenden Sachen große Bedeutung bei. Der Hang zur Gewissenhaftigkeit und Detailverliebtheit, sowie die Wertschätzung der sozialen Kommunikation erfordern Zeit, Sorgfalt und eine ruhige Atmosphäre, die nicht immer gegeben ist. Bei Leistungsdruck und Tätigkeiten, die schnelle Entscheidungen erfordern, sind hochsensible Menschen häufig überfordert, aufgrund der Schwierigkeit der geistigen Reduktion auf nur eine Aufgabe oder einen Wahrnehmungsbereich und durch ihre größere Behutsamkeit und Besonnenheit beim Analysieren, Abwägen und Urteilen. Gemessen am Ideal der Leistungsgesellschaft ist dies mitunter ein Nachteil, auch dadurch bedingt, dass hochsensible Menschen oft typische Querdenker sind und in ihren Problemlösungsstrategien nicht den gesellschaftlichen Standards entsprechen, welche sie oft für zu grob, undifferenziert oder ungerecht halten. Deshalb ist für viele Hochsensible das Finden des für sie richtigen Berufs und Arbeitsplatzes, bei dem ihre spezifischen Fähigkeiten zum Tragen kommen und geschätzt werden, aber auch ihr Wunsch nach Harmonie, Sinn und Werteorientierung in einer von Wettbewerb geprägten Gesellschaft befriedigt wird, eine besondere Herausforderung und es dauert oft lange, bis sie eine Tätigkeit finden, die ihnen entspricht, oder den Sprung in die berufliche Selbständigkeit wagen.Oft neigen Hochsensible dazu, dem „gedankenlosen“ oder „unsensiblen“ Verhalten anderer eine höhere Bedeutung beizumessen als Nicht-Hochsensible und daraus mitunter weitreichendere Schlüsse zu ziehen.
In einigen meiner Kapitel hatte ich das Thema und den Begriff „Filter kaputt“ bearbeitet.
Ich war der Meinung, dass sich meine depressiven Phasen dadurch erhoben, wenn die Belastung durch äußere Einflüsse zu groß würde. Ich peilte vage eine Art „Sozialphobie“ bei mir an, was den hin und wieder aufkommenden Frust gegenüber Menschen erklärt hätte. Jedoch hätten meine grundsätzlich gesellige Art und mein Sozialwesen nicht in dieses Bild gepasst.
Mein langjähriger Psychotherapeut ist in meinem Fall kein großer Freund von rohen Diagnosen und Stempeln, weil er weiß, dass ich manchmal dazu neige, mich selbst einklassifizieren zu wollen, trocken „wissen zu wollen, was ich denn habe“ und am liebsten in einem Satz eine Erklärung dazu formuliert hören möchte. Jedoch fiel in der Sitzung vom 9.5. erstmals der Begriff „Hochsensibilität“ und der Bezug dazu, dass diese Beschreibung (NICHT Diagnose) am ehesten auf mich passen würde. Eine Sozialphobie und etliches andere hat er bei mir schon lange ausgeschlossen.
Aus purer Neugier las ich mich zu dem Thema ein und war überrascht in wie viel ich mich wieder finde. Diese Passagen habe ich in diesen Text gepackt.
Ich finde es wichtig, zu wissen, dass es nicht nur „Normal“ und „Psychisch krank“ oder gar „verückt“ gibt, sondern noch viele, viele Stufen dazwischen.
Alleine bei Normal kann man Stundenlang diskutieren und jeder wird etwas anderes darunter verstehen. Bei psychisch krank gibt es von „milder“ depressiver Episode, Phobien über Bipolare Störung, Boarderline und Paranoia bis hin zur Psychose alle Abstufungen. Ein Unterschied wie zwischen Schnupfen und Krebs.
Ebenso gibt es abnorme Züge, die nicht automatisch eine Krankheit darstellen.
Die Hochsensibilität zum Beispiel fällt darunter. Laut Elaine Aron handelt es sich dabei um kein Krankheitsbild sondern schlichtweg um eine Abweichung der Norm. Genauso wie eine ausgeprägte Extra- oder Introvertiertheit. Hochsensibilität kann wie eine Gabe gesehen werden (so wie das absolute Gehör oder Adleraugen), kann leicstungsgesellschaftlich gesehen jedoch zur Qual für den Betroffenen werden.
So wie jede unserer Charakterzüge, Angewohnheiten und Eigenarten, ist auch die Hochsensibilität schlichtweg die Summe aus Erlebnissen bzw. Traumata.
Ein „dünner werden“ der Haut oder, wie ich es immer beschrieben habe ein defekter Filter, der Reize und Sinneseindrücke, aber auch Kontakte (zu Menschen z.B.) intensiver und langfristiger wahrnehmen lässt.
Ich denke, dass sehr viele Menschen Hochsensibel sind und ich bin fest davon überzeugt, dass man darunter leidet. Vor allem, wenn man nicht weiß, was Sache ist. Bescheid zu wissen, dass es einen derartigen Zug gibt und man nur wissen muss, was es ist, woher es rührt und daraufhin dann lernen kann, damit um zu gehen, hat garantiert etwas heilsames und wohltuendes.
Die Gesellschaft oder zumindest die Nahestehenden mit Hochsensibilität vertraut zu machen, wäre dann wieder ein anderes, sehr langwieriges Thema, das viel Information und Toleranz bedarf. Doch bis dahin bleibt die Erleichterung, selbst zu wissen, dass man weder krank, noch depressiv oder sozialphobisch, sondern schlicht und einfach hochsensibel ist…