Hypersensitivität

Der Blog entwickelt sich mehr und mehr zu einem Blog über das Thema HSP (Hochsensible Personen), was mir gefällt, weil es meine Thematik immer mehr eingrenzt und spitz zulaufend auf den Punkt bringt. Mir ist, als hätte ich nahezu alle 50 Einträge um den heißen Brei geredet und könnte nun endlich präzise in eine Richtung steuern, weil sie mir nun bekannt ist:

Hypersensitivität oder auch Hypersensibilität- ein Phänomen, keine Erkrankung.
Für mich (als HSP wie sie im Bilderbuch steht), ist der tägliche Kontakt mit Menschengruppen, wie sie gezwungenermaßen im Arbeitsalltag zustande kommen vergleichbar mit dem greifen auf eine heiße Herdplatte:
– Es tut JEDES mal weh, egal wie sehr man es “trainiert”
– Es vernarbt und prägt
– Es ist (noch VOR dem Griff auf die Platte) Nervenaufreibend und währenddessen mal mehr, mal weniger eine Qual und mit Leid verbunden und klingt auch meist lange schmerzhaft nach
– Wie und warum der Schmerz entsteht, ist einem nicht involvierten schwer zu erklären

Alles in allem gesellschaftlich ein heikles und leider noch sehr verborgenes Thema mit bis dato noch hohem Bedarf an Erklärung und Aufklärung.

Würden Sie freiwillig auf eine heiße Herdplatte greifen?
Wohl eher nicht!
Und doch tue ich es täglich, weil ich muss!

Und so tun es wohl alle HSP. Um einem Alltag nach zu gehen, ist man gezwungen, sich – für einen selbst- intensiven Reizen, emotionalem Schmerz und vielen Ängsten auszusetzen, da man sonst keine Teilhabe am sozialen Leben haben könnte.
Und doch ist man damit alleine, da es eine  für andere unsichtbarere und auch nicht nachvollziehbare Hürde ist, da sie diese ja nicht haben.
Ein Mensch mit zwei Beinen kennt die Kämpfe, die ein einbeiniger tagtäglich austragen muss nicht- so auch bei Menschen mit “kaputtem Filter” (wie ich es gerne nenne). Während ein anderer täglich zur Arbeit geht und “nur” mit Dingen wie täglichem Stress, Ärger vom Chef etc. kämpfen muss, häufen sich für HSP Probleme, Sorgen, Schwierigkeiten an, die andere nicht einmal wahrnehmen würden.
Z.B. die zwischenmenschlichen Kontakte, Neckereien, Konfrontationen oder sogar so banale Reize wie der Geruch, die Lautstärke oder die Stimmung des anderen, was der HS aufsaugt und auch erst einmal verarbeiten muss.
Ein persönliches Beispiel: Ich kann allein durch den Anblick eines, für mich unstimmigen Gesichts oder eines bestimmten Blicks (auch wenn er nicht mir galt) sehr überfahren werden. Ebenso das überschreiten meines persönlichen Raumes löst in mir lang anhaltende Unruhe oder sogar fast Panik aus. Auch Stimmungen sauge ich sehr stark auf. Wenn ein ArbeitskollegeIn insgeheim traurig, gestresst oder passiv agressiv ist- auch wenn es kein anderer merkt, beeinflusst es mich schon massiv und geht mir bis unter die Haut und in meine Stimmung über.

So viele Jahre wusste ich nicht, was es war, was mich zu dem Menschen machte, der ich nun mal bin.
Ich war Spitzenläufer an Fehlstunden in der Schule, obwohl ich gerne lernte, ich brach ein Studium nach dem anderen ab, ich zitterte vor jedem meiner Dienste, obwohl ich mein Fach beherrschte und wünschte mich regelmäßig auf einsame Inseln. Freizeitgestaltung in Gruppen war mir immer unmöglich. Auffallend ist bei mir auch, dass die hochsensible Wahrnehmung schwankt, bzw. die Möglichkeit des Umgangs damit immerzu in Bewegung ist. Wohl durch diverse Umstände wie “bin ich ausgeschlafen?” “wie hoch ist mein derzeitiger Stresspegel?” “wie ist mein allgemeines Befinden und meine Umstände momentan?” etc. Diese beeinflussen nochmals für sich, wie hoch die Sensibilität aktuell ausfällt. Phasenweise bin ich mehrere Wochen sehr stabil, knüpfe Kontakte, plane ehrenamtliche Jobs und aufwendige Projekte. Doch dann kommen- meist unangekündigt schlagartig die Phasen, in denen mich ein weinender Mensch in der U-Bahn so rührt, dass ich stundenlang daran denken muss, Lärm mich fast in den Wahnsinn treibt, Gedränge meine Wut schürt und ich mich unabdingbar nach Rückzug sehne.
Doch eines wurde mir erst 2018 klar, es fiel mir wie Schuppen von den Augen: All diese Punkte hatten eins gemeinsam!! Es gab eine Parallele, die sich durch all diese Phasen meines Lebens, all diese Wege und Lebensabschnitte zog. DIE MENSCHEN!
Plötzlich sah ich alles so klar. Es war eine riesige Erleichterung, ja eine erlösende Klarheit, die mir sämtlichen Nebel so vieler Jahre vor meinen Augen nahm.
Bei wie vielen Ärzten, Therapeuten und Gutachtern, vor wie vielen Büchern und Beratern hatte ich gesessen und weder gewusst, als was ich mich erklären soll, noch konnten mir die Profis mit dem passenden Rat zur Seite stehen. Ich passte in kein Krankheitsbild, aber “normal” waren meine Empfindungen und die damit einhergehenden Einschränkungen auch nicht. Frustrierend.

Nun lebe ich eine ganz andere Klarheit und kenne nun das “Produkt” und kann so die passende Gebrauchsanweisung dafür nutzen!
Ich kann mich plötzlich ausdrücken, mich mitteilen und mich austauschen…. Ein befreiendes Gefühl!!! 🙂

Wer sich zu dem Thema in direktem Kontakt mit mir austauschen möchte, sei herzlich eingeladen, mich anzuschreiben oder sich via Kommentar unter diesem Beitrag mitzuteilen! Ich freue mich über jeglichen Beitrag.

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